So wie Nazarener bis heute keine eindeutige Aussage von Jesus liefern können, in der er sagt: „Gott ist dreifaltig.“ Können diejenigen, die lediglich behaupten, Umar zu folgen, bis zum heutigen Tage keine eindeutige Aussage von Umar liefern, in der er sagt: „Der Steinigungsvers wurde abrogiert.“
Das Problem mit der Steinigung besteht nicht darin, ob sie als Vers abrogiert wurde oder nicht, sondern ob sie überhaupt als Vers der Schrift gezählt wird oder nicht. Dispute wie diese sind selbst unter sunnitischen Großgelehrten nicht ungewöhnlich. Genauso stritten sie sich, ob die Basmalah ein Vers in der Schrift ist oder nicht. Im Gegensatz zur Steinigung schaffte es die Basmalah jedoch in den Mus’haf. Das sicherte ihr allerdings nicht die nötige Akzeptanz [hier!].
Beispiele wie diese verdeutlichen umso mehr, dass selbst wenn sich Umar durchgesetzt und den Steinigungsvers niedergeschrieben hätte, dies nicht unbedingt zu seiner Akzeptanz geführt hätte. Was die Mehrheit nicht als Vers akzeptieren möchte, das wird bei ihr auch nicht als Vers akzeptiert werden, selbst wenn er im Buch selbst geschrieben steht, über das sie mit Lippenbekenntnis den Glauben vorgeben: „Wenn du auf den Großteil derer, die auf Erden sind, hörst, werden sie dich von Gottes Weg fehlleiten.“ (6:116)
Umar [hier!] sagt:
والرجم في كتاب الله
„Und die Steinigung ist in Gottes Schrift.“ [Sahih-ul-Bukhari, Hadith 6830]
Die Menschen [hier!] sagen:
إن عمر زاد في كتاب الله ما ليس منه
„Dass Umar Gottes Schrift hinzufügte, was nicht von ihr ist.“ [Al-Musnad, Hadith 197]
Ja, Umar hatte Angst und hasste es, den Vers hinzuzufügen. Hier muss man sich allerdings nach dem Grund fragen. Nicht nach seinen Emotionen. Der Grund war nach seiner eigenen Angabe weder der Prophet (s.) noch eine Abrogation. Der Grund war die Nachrede der Menschen. Weder sagte er, dass er eine Randnotiz schreiben möchte, noch verstand er aus den unklaren Worten „Ich kann jenes nicht“ eine Abrogation. Nach dem Glauben der Mehrheit konnte der Prophet (s.) den vollständigen Qur’an nicht in seiner Lebzeit aufschreiben lassen. Dass er den Steinigungsvers nicht aufschreiben lassen konnte, als man ihn fragte, beweist nicht, dass er abrogiert wurde. Er konnte ja demnach auch viele andere nicht aufschreiben lassen, die nicht abrogiert wurden. Die Aussage beweist gar nichts.
Die Klagen Umars nach dem Tod des Propheten (s.), dass er den Steinigungsvers gerne hinzufügen möchte, aber von dem Gerede der Menschen daran gehindert wird, demonstriert umso mehr, dass er gar nicht dieses falsche Verständnis der Abrogation des Verses hatte. Nie wurde von Umar oder dem Propheten (s.) in einem Ausspruch berichtet: „Der Steinigungsvers wurde abrogiert.“ Dies sind lediglich Worte, die man in den Mund der beiden legt und wofür man bis zum heutigen Tage keine eindeutigen Beweise liefern kann. Der Grund für diese krampfhafte Verdrehung ist nicht ein logischer Fehlschluss, sondern die blanke Angst davor, über alternative Erklärungen nachdenken zu müssen und der blinde Irrglaube, dass die damaligen Gelehrten alle Fragen richtig beantworten konnten und man nun unkritisch bis zum Jüngsten Tag vehement daran festhalten müsste.


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